Die letzten drei Tage der Reise vergingen Eldath sei Dank ohne weitere Vorkommnisse, sodass wir uns alle etwas von den Strapazen erholen konnten.
In Tristriat angekommen hat uns Magus Enduka erstmal eröffnet, dass er und Lorgren im Haus eines Magier-Kollegen im schicken Edel-Viertel Pflasterstadt wohnen werden, während unsere Truppe und alle anderen Expeditionsteilnehmer in einem Haus des Conventions untergebracht wurden.
Ich habe viele Jahre meines Lebens auf moosigem Waldboden oder auf Betten aus Zweigen, Stroh und Blättern geschlafen, mein Wasser aus klaren Bächen getrunken und mich um mein Essen selbst gekümmert. Außerdem bin ich froh, endlich nichtmehr so viel im Wagen zu hocken mit dem ständigen geschaukel.
Ich hab also eigentlich schon viel „schlimmeres“ erlebt und kann mich also eigentlich nicht groß beschweren.
Und doch fällt die unterschiedliche Behandlung recht stark ins Auge:
Unsere Unterkunft ist eine Baulichkeit, die ihre besten Zeiten längst hinter sich hat.
Betten gibt es nur in unzureichendem Zustand und Anzahl und der Kamin reicht wirklich nur gerade aus, um den ganzen Raum einigermaßen warm zu bekommen. Und das wahrscheinlich auch nur, weil der Schlafraum wohl um ein paar Leute überbelegt ist. Privatsphäre gibt es keine. Nicht, dass ICH das nicht gewöhnt wäre und mir das nicht egal wäre. Aber die Schreiber und Wissenschaftler und Aura tun mir leid.
Um die notdürftigste Erhaltung des Gebäudes mit den Mitteln, die ihr das Konventium zur Verfügung stellt, kümmert sich Fräulein Britta, eine reizende ältere Dame, die mit der Situation zwar überfordert scheint, sich aber trotzdem alle Mühe gibt, uns als Gäste trotz der Umstände bestmöglich zu bewirten.
Wir sollten aber wahrscheinlich ein Wörtchen mit Magus Enduka reden, dass Conventiums-Eigentum nicht so verfallen lassen werden sollte und das Conventium ein bisschen mehr Geld springen lassen könnte.
Am nächsten Tag – eigentlich sollten wir uns bereit halten, falls Enduka Kontakt mit uns aufnehmen würde, aber scheiß auf ihn – habe ich mich gleich um eine persönliche Angelegenheit bemüht: Ich habe mich auf die Suche nach Yip und Misha gemacht, die damals ja noch vor all den Ereignissen um die Belagerung Tel Ezimores nach Tristriat gezogen sind.
Mein erster Anlaufpunkt war die örtliche Arena. Dort haben wir sie zwar nicht gefunden, aber uns für ein in Kürze stattfindendes großes Turnier - bzw. dessen Qualifikationsturnier - angemeldet, die sogenannten "Blutspiele". Außerdem gab uns der Organisator den Tipp, im Narbenhof, dem örtlichen Hauptquartier der Scarbearers im Viertel Gipfelblick, zu suchen. Ich Esel! Darauf hätte ich eigentlich selbst kommen müssen!
Eine freudige Begrüßung und ab in den Rinnstein, eine widerlich schäbige Kneipe. Und plötzlich war es wieder wie vor Monaten im Kultbräu in Tel Ezimore: Ich fühlte mich wieder wie bei einem gemütlichen Bier nach einer erfolgreich absolvierten Aufgabe mit Yip, Misha, Fafnir, Karl und Rorik/Durak scherzend und lachend. Damals, als das Leben noch so einfach und beschaulich war; als wir uns noch mit einfachen Scarbearers-Aufgaben vom schwarzen Brett über Wasser hielten und noch nicht auf Missionen von weltpolitischem Ausmaß waren und auf den Spuren des schlimmsten Massenmörders der letzten Jahrhunderte wandelten.
Wenn sich das Leben zu groß für einen anfühlt, wenn alles um einen herum zu schnell geht, wenn man das Gefühl hat, andere verlassen sich auf einen, man sich selbst aber nur als Spielball in einem größeren Gefüge sieht, dann tut es oft gut, sich an solch kleinen Dingen zu erfreuen, der Gesellschaft lieb gewonnener Freunde!
Die Stunden vergingen jedenfalls, Biere wurden geleert und auch meine neuen Begleiter Yaruna, Erikur und Olaf fanden gefallen an Yip und Misha.